Modell einer Henschel-Kleinbahnlok des Typs Bismarck

 

Wenn man über die Kleinbahnen in der Altmark spricht, kommt man an den von der Lokomotivfabrik Henschel für die preußischen Kleinbahnen der Provinz Sachsen entwickelten Loks des Typs Bismarck nicht vorbei. Es gab eine weitere Henschel-Loktype mit dieser Bezeichnung, die sich aber grundlegend von der älteren Bauform unterschied. Daher verwendete man zur Unterscheidung den Zusatz alt und neu manchmal auch den Zusatz leicht und schwer. Die „jüngere“ der Henschel Typen soll hier nicht betrachtet werden, denn in der Altmark war sie nicht vertreten. Die Bismarck alt hat Ähnlichkeit mit der guten alten preußischen T 3. Gravierende Unterschiede findet man bei der Steuerung. Hatte die T 3 eine Allan-Steuerung, verwendete man bei der Henschel-Lok eine Heusingersteuerung, deren Treibachse die hintere Kuppelachse war. Bei der T 3 erfolgte der Antrieb auf die mittlere Kuppelachse. Der Gesamtachsstand der Bismarck betrug 2700 mm (1300 mm und 1400 mm). Die T 3 hatte einen Achsstand von 3000 mm (1300 mm und 1700 mm). Das Gesamtgewicht der Kleinbahnlok war geringer als das der T 3. Die Achslast betrug 10 t. In Details weicht die Architektur der Bismarck von jener der T 3 ab. Von den Loks des Typs Bismarck alt sind 1949 noch 30 Stück durch die Deutsche Reichsbahn übernommen worden. Einige davon „überlebten“ als Werkloks oder in RAW wurden erst in den 1960er Jahren ausgemustert.

Leider gibt es in keiner Nenngröße ein Modell der Bismarck alt. Für den Modellbahner, der sich der Nachbildung von Kleinbahnen verschrieben hat, bleibt daher nur der Selbstbau. Nun gibt es jedoch diverse Modelle der T 3, sodaß man sich Gedanken über einen Umbau machen kann. Als begeisterter Anhänger der Kleinbahnen, speziell der in der Altmark, war das Modell einer Lok des Typs Bismarck alt schon lange auf meiner Wunschliste. Das Buch über die Kleinbahn Osterburg - Deutsch Pretzier von Wolfgang List hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Realisierung dieses Wunsches. Schon längst infiziert von altmärkischen Kleinbahnvirus war der Bahnhof Boock ins Visier modellbahnerische Planspiele geraten. Ein Foto in dem guten alten Buch über die Kleinbahnen der Altmark aus dem Transpress-Verlag der DDR verströmte so viel Kleinbahnromantik, daß es fast unmöglich schien, diesen Bahnhof nicht nachbauen zu wollen. Die letzte Schwelle vom Traum zu seiner Realisierung bewirkte dann die umfangreiche und detaillierte Schilderung der Geschichte der Kleinbahn, zu der dieser Bahnhof gehörte. Inzwischen im Maßstab 1:45 ( Spur 0 ) tätig, wurde zunächst der Bau einer der auf der Strecke eingesetzten Loks in Angriff genommen. Basis des Umbaus war ein schon sehr betagtes Modell der T 3 Hersteller Eisenbahnmodellbau Apolda (EMA). Beim Umbau dieser Lok zu einem Modell der Bismarck im Maßstab 1:45 muß man am Ende mit einigen Kompromissen leben. So ist das Führerhausdach weniger gewölbt. Der Kesseldurchmesser ist etwas größer und die Rauchkammertür ist zu groß und nicht an der richtigen Position. Beim Umbau müssen Kürzungen am Kessel und am Fahrwerk vorgenommen werden. Der Dampfdom mußte nach vorn versetzt und die Wasser - und Kohlekästen verlängert werden. Die Verkleidung der Ausströmrohre an der Rauchkammer wurden durch Aufkleben von Plastestücken mit Hilfe von Zweikomponentenkleber (Ich bevorzuge Pattex-Stabilit.) nachgebildet. Sie haben einen etwas flacheren Winkel als die der T 3 und enden etwas weiter unten an der Rauchkammer. Die Anordnung und Positionierung erfolgte mit ein wenig Augenmaß und grobem Vermessen einer auf 1:45 hochkopierten Zeichnung aus dem 1. Band des Privatbahnarchivs aus dem Transpress-Verlag. Wichtig war mir vor allem der optische Eindruck. Der Kessel wurde von angespritzten Armaturen und Griffstangen befreit. Diese werden durch Messingteile ersetzt. Die Deckel der Kohlekästen rechts und links vor dem Führerhaus wurden aus Messingblech an gefertigt. Dank je zweier Scharniere aus dem Schiffsmodellbau lassen sie sich öffnen. Ein Teil der Loks des Typs Bismarck alt hatte eine eingezogene Führerhausrückwand. Man fand sie bei den Loks der ersten Baujahre. Später, Henschel baute die Loks bis in die 30er Jahre, hatte das Führerhaus auch eine gerade Führerhausrückwand. Das Ausgangsmodell der T 3 hat eine gerade Führerhausrückwand. Hier stand also eine Veränderung an. Die Führerhausrückwand wurde bis in Höhe der „Knickstelle“ parallel zu den Seitenwänden eingesägt und nach Innen gebogen, nachdem die Seitenwände an die neue Form angepaßt waren.

Zu den Kompromissen, die ich beim Umbau der Lok eingehen mußte, gehörte die Rauchkammertür. Auf der NuSSA 2013 kam mir die rettende Idee - Verwendung der Rauchkammertür der Magic Train-Dampflok.

Zum Antrieb der Lok wird der vorhandene EMA-Antrieb umgebaut. Dessen Nachteil ist leider der Schneckenantrieb, sodaß die Lok bei Spannungsausfall keinen Auslauf haben wird. Der Achsstand zwischen erster und zweiter Achse wurde verringert. Außerdem mußte der Rahmen vorn noch um einige Millimeter gekürzt werden. Die erste Achse wird nicht über das Getriebe angetrieben. Den Antrieb dieser Achse übernimmt die Treibachse übernehmen. Komplett neu anzufertigen sind Steuerung und Treibstangen. Als Kupplung wird die Nachbildung einer Schraubenkupplung montiert.

Derzeit sind die Umbauarbeiten soweit fortgeschritten, daß das Modell lauffähig ist uns aus eigener Kraft fahren kann. Ein neues Fahrwerk ist bei einem Freund in Arbeit.